Welche Erwartungen die unterschiedlichen Kundengenerationen an den Vertrieb haben
Aktuell haben wir fünf aktive Generationen in der Geschäftswelt, ob als Entscheider, Käufer oder Verkäufer. Das Arbeitsumfeld wird von der Generation X gemeinsam mit den Millennials dominiert. Die Babyboomer steigen langsam aus, die Stille Generation ist nur noch vereinzelt anzutreffen und die jüngste Generation Z macht gerade ihre ersten Gehversuche in der Arbeitswelt.
Jede dieser Generationen vertritt unterschiedliche Wertvorstellungen und hat andere Erwartungen und Prioritäten in ihren jeweiligen Rollen.
Noch nie zuvor waren die Unterschiede in den Generationen so groß, was wir in Wirklichkeit auch der Digitalisierung zu verdanken haben. Und in dem Maße, wie die Digitalisierung vorangeschritten ist, haben sich auch die Einstellungen, Fähigkeiten, Bedürfnisse und Erwartungen der jeweiligen Gruppen verändert. Vertriebsorganisationen müssen sich dieser Unterschiede bewusst sein, wodurch die Zielgruppenansprache vor eine riesige Herausforderung gestellt wird.
Kunden aus der Perspektive der unterschiedlichen Generationen
Die Stille Generation – geboren zwischen 1933 und 1945
Die stille Generation wuchs unter Bedingungen auf, die durch Krieg und wirtschaftlichen Abschwung erschwert wurden. Sie wird als „still“ bezeichnet, weil von den Kindern dieser Zeit erwartet wurde, dass sie gesehen, aber nicht gehört werden. Sie haben eine hohe Arbeitsmoral und betrachten Arbeit als Privileg, was sich auch auszahlt, denn sie gelten als die wohlhabendste Generation. Sie besitzen einen starken Willen und glauben, dass man sich seinen eigenen Weg durch harte Arbeit verdient. So sind sie der Meinung, Andere sollten das auch tun.
Als Kunden sind sie treu und erwarten im Gegenzug Loyalität von ihren Geschäftspartnern.
Finanziell sind sie konservativ und gehen sorgfältig mit ihren Ausgaben um, ob privat oder geschäftlich. Daher finden sie Sonderpreise und Aktionen sehr attraktiv. Sie neigen dazu, sparsam zu sein und legen Wert auf die Langlebigkeit der Produkte. Sie werden das, was sie besitzen, gewissenhaft pflegen, um die Lebensdauer ihres Eigentums zu verlängern. Das kann bei den jüngeren Generationen auf Unverständnis stoßen, die im Überfluss aufgewachsen sind.
Sie verlangen Höflichkeit und Respekt vom Vertrieb, was für jüngere Generationen als übertrieben formell empfunden werden kann.
Auch wenn sie technisch in der Lage sind, E-Mails zu versenden und online zu recherchieren, reicht der virtuelle Kontakt für sie nicht aus, um eine Kaufentscheidung zu treffen oder eine Geschäftsbeziehung aufzubauen. Dafür benötigen sie den persönlichen Kontakt und die Möglichkeit, mit dem Vertrieb bei Bedarf telefonisch zu sprechen, und begrüßen einen regelmäßigen Kontakt.
Babyboomer – geboren zwischen 1946 und 1964
Die Babyboomer sind die Generation, die auf die Jahre unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgeht. Auch wenn sie ebenfalls eher traditionell orientiert sind und zunächst versuchen, ein Problem persönlich oder telefonisch zu lösen, sind sie technisch versierter, als viele denken.
Tatsächlich besitzen 68% ein Smartphone, und 57% nutzen soziale Medien, und aus diesem Grund dürfen sie von den modernen Kommunikationskanälen nicht ausgeschlossen werden. In Anbetracht der Tatsache, dass sie die Gruppe mit einem hohen verfügbaren Einkommen in Verbindung mit viel „Freizeit“ darstellen, wird ihr Potenzial bei der Zielgruppenansprache über digitalen Medien gerne unterschätzt.
Als Kunde sind die Babyboomer etwas kompliziert, denn sie sind grundsätzlich loyal wie die stille Generation auch, gleichzeitig sind sie aber auch offen für andere Optionen.
Sie sind bereit, Anbieter und Lieferanten zu wechseln, wenn sie glauben, eine bessere Option gefunden zu haben. Bei ihren Kaufentscheidungen schätzen sie Unternehmen mit langjähriger Geschäftstätigkeit und gutem Ruf.
Sie finden Preisnachlässe zwar attraktiv, sind aber auch bereit, den vollen Preis auszugeben, wenn sie glauben, dass er gerechtfertigt ist.
Wie auch die stille Generation brauchen die Babyboomer-Kunden persönliche Gespräche mit dem Vertrieb und bevorzugen persönliche Treffen. Dabei legen sie Wert auf Beziehungsaufbau zu ihren Geschäftspartnern und wollen im ständigen Dialog bleiben, statt sporadische Kommunikation zu betreiben. Die Babyboomer reagieren gut auf geschäftsmäßige, politisch korrekte Ansprache.
Generation X – geboren zwischen 1965 und 1979
Die Generation X ist die Gruppe, der wir den aktuellen Stand der technologischen Entwicklung zu verdanken haben. Die Anhänger dieser Generation sind technologisch sehr fortgeschritten, obwohl sie in der Regel nicht in dem Maße als „Digital Natives“ angesehen werden, wie es bei den Millennials der Fall ist.
Im Gegensatz zu den jüngeren Generationen weisen sie einen höheren Grad des technologischen Verständnisses nicht nur in der Nutzung der modernen Technologien auf, sondern sie können einen geschäftlichen Bezug dazu herstellen.
Sie agieren autonom und denken unabhängig. Sie sind offen dafür, anders zu arbeiten, erreichen eine hohe Produktivität bei ausgewogener Work-Life-Balance und sind die Generation, die ausgeprägt unternehmerisch denkt und handelt. Einige der innovativsten Start-ups wurden von dieser Generation gegründet.
Als Kunde sind sie sehr herausfordernd, denn sie wollen den Kaufprozess kontrollieren.
Sie können extrem motiviert sein, eigene Nachforschungen anzustellen (sowohl mit der Unterstützung des Vertriebs als auch selbstständig), um relevante Informationen zu finden und eine fundierte Kaufentscheidung zu treffen. Keine andere Generation liest mehr Rezensionen oder verbringt mehr Zeit mit Recherchen, bevor sie sich zum Kauf eines Produkts entscheidet. Dabei legen sie großen Wert auf die Meinungen anderer Menschen und beraten sich gerne mit Gleichaltrigen über Kaufentscheidungen. Sie werden das gewonnene Wissen als Gewissheit nutzen, dass sie nicht ausgenutzt werden und dass sie das bestmögliche Produkt und den bestmöglichen Preis erhalten und einen wahren Mehrwert für ihren Kauf bekommen.
Entgegen der landläufigen Meinungen, die jüngeren Generationen würden am meisten Zeit in den sozialen Medien verbringen, sind es die Anhänger der Generation X.
Facebook, LinkedIn, XING und Twitter sind die sozialen Netzwerke, in denen sie am aktivsten sind. Diese Generation mag keine persönlichen Treffen. Sie schätzen ihre Arbeitszeit und bevorzugen es, Geschäfte effizient telefonisch, per E-Mail oder virtuell abzuwickeln, was es ihnen auch ermöglicht, ihre Optionen in Ruhe abzuwägen. Sie benötigen auch nicht die ständige Begleitung des Vertriebs in ihrem Entscheidungsprozess, die sie eher als Einmischung empfinden.
Im Gegensatz zu älteren Generationen achtet die Generation X nicht unbedingt auf Formalitäten in der Vertriebskommunikation. Dafür erwarten sie, dass die Anbieter so schnell wie möglich zum Punkt kommen und sich klar und deutlich ausdrücken. Aber, sobald Sie sich ihr Vertrauen erarbeitet haben, sind dies die treuesten Kunden, die Sie gewinnen können.
Generation Y (Millennials) – geboren zwischen 1980 und 1994
Gegenwärtig sind die Entscheider-Etagen von der Generation X belegt, und es wird noch eine Weile so bleiben, aber die Millennials rücken schnell nach. Bereits im Jahr 2015 waren in den USA fast die Hälfte (46%) derjenigen, die B2B-Entscheidungen beeinflussen, unter 35 Jahre alt. In Deutschland lag die Zahl nur leicht darunter. (Roland Berger, 2015), Die Millennials sind die sogenannten Digital Natives, die mit den digitalen Medien aufgewachsen sind und neue Standards in der Geschäftswelt setzen.
Sie sind die Treiber vieler digitaler Innovationen und besitzen höhere digitale Kompetenzen als viele ihrer Vorgänger.
Für sie stellt die digitale Welt einen wesentlichen Teil des Lebens dar. Sie bewegen sich im Internet wie ein Fisch im Wasser, stehen der Digitalisierung sehr positiv gegenüber und erachten die fortschreitende technologische Entwicklung primär als persönliche Chance. Sie zeichnen sich durch Selbstdarstellung, Diversität, Globalität und Technologieabhängigkeit aus. Die Millennials haben einen hohen Grad an Technologie-Akzeptanz und adaptieren sehr schnell aufkommende Technologien und Kommunikationskanäle.
Als Kunde kann sich diese Generation als etwas komplexer im Umgang mit dem Vertrieb herausstellen.
Aufgrund ihrer elterlichen Erziehung haben sie teilweise Schwierigkeiten, selbstständig Entscheidungen zu treffen. Möglicherweise sind sie auf die Beratung durch Kollegen und Führungskräfte sowie auf Online-Informationen angewiesen. Für diese Generation hält das Internet alle Antworten bereit, und deshalb sind umfassende digitale Informationen äußerst relevant, um sie zu erreichen. Millennials brauchen Zeit und ausreichend Informationen, um sich zu entscheiden.
Gleichzeitig können sie ungeduldig sein und wollen so schnell und einfach wie möglich Zugriff zu Informationen. Wo die Generation X in Ruhe gelassen werden möchte, werden Millennials zusätzliche Aufmerksamkeit schätzen, wenn Sie sie im Beschaffungsprozess anleiten und sie bei der Entscheidungsfindung unterstützen.
Millennials wollen, dass ihre Kommunikation mit den Anbietern einfach und effizient ist.
Sie sind schnell, und deshalb entsprechen persönliche Treffen nicht ihrem Stil. In den meisten Fällen werden sie sich für eine direkte Nachricht über soziale Medien oder Messenger Apps entscheiden, anstatt traditionellere Kanäle zu nutzen. Sie arbeiten auch gerne mit ihren Lieferanten über Likes, Kommentare und Austausch über Blogs und andere Sozialforen. Sie geben bereitwillig Rezensionen und Produktempfehlungen in den sozialen Netzwerken.
Millennials sind sozial bewusst und engagiert. Sie schätzen Unternehmen, die zu einer guten Sache beitragen. Sie sind eher markenbewusst als markentreu: Sie sind sehr anpassungsfähig, wenn es darum geht, in Geschäftsbeziehungen ein- und auszusteigen, und haben kein Problem, den Lieferanten zu wechseln, wenn die Konkurrenz mehr zu bieten hat oder bessere Preise anbietet.
Generation Z – geboren zwischen 1995 und 2015
Während die Millennials heute die treibende Kraft der Geschäftswelt sind, steht die Generation Z bereit, in die Arbeitswelt einzutreten. Diese Generation will die Welt verändern und setzt sich gerne für Marken ein, die klarstellen, wofür sie stehen.
Die Mitglieder dieser Generation arbeiten hart, sie sind technologisch fortschrittlich und leidenschaftlich unternehmerisch.
Sie sind auch multitaskingfähig, da sie mit mehreren Bildschirmen aufgewachsen und es gewohnt sind, zwischen unterschiedlichen Welten schnell zu wechseln.
Als Kunde setzen sie Technologie in ihrer Kundenerfahrung voraus, und diese muss einwandfrei funktionieren und leicht in der Handhabung sein.
In der Welt der sofortigen Belohnung aufgewachsen, wollen sie alles sofort haben. Sie haben keine Lust auf seitenlange Formulare und lange Ladezeiten von Webseiten. Sie wollen eine schnelle und nahtlose Kundenerfahrung und werden persönlich für Marken werben, die ihnen einen erstklassigen Kundendienst bieten.
Für Vertriebsorganisationen bedeutet dies, dass die Vertriebsprozesse auf der Kundenseite einfach und intuitiv sein müssen.
Sie wollen die Möglichkeit haben, sich selbst zu bedienen und wollen dabei von Verkäufern nicht gestört werden. Diese Kunden haben sich durch die jahrelange Erfahrung mit Online- und Selbstbedienungslösungen daran gewöhnt, ohne menschliche Interaktion auszukommen.
So ist es das Letzte, was sie wollen, dass Ihre Vertriebsmitarbeiter sie in ihrer Kundenerfahrung stören, ohne einen Mehrwert dabei zu schaffen.
Die Vertreter dieser Generation sind für ihre mangelnde Markentreue bekannt und gegen klassische Werbung und Unternehmensbotschaften regelrecht allergisch. Sie kommunizieren gerne über soziale Medien und kaufen dort direkt ein, wollen aber auch die Möglichkeit haben, Produkte in der Hand zu halten und sie auszuprobieren. So sind Retail-Flächenangebote für diese Generation sehr wohl relevant. Im Grunde benötigt man eine Omni-Channel Präsenz, um diese Generation zu erreichen.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch "Digitale Transformation im Vertrieb".
Dieses Buch ist ein praktischer Wegweiser zur digitalen Transformation von Vertriebsorganisationen.
In 21 Schritten vermittelt es einen Überblick über den State of the Art von Technologien und digitalen Vertriebstools und schafft ein Verständnis dafür, worum es bei der Digitalisierung des Vertriebs wirklich geht.